Über die Grenze nach Peru und auf den Spuren der Chachapoya

Über die Grenze nach Peru und auf den Spuren der Chachapoya

In zwei Tagen reisen wir von Cuenca über Loja nach Zumba, an der Grenze zu Peru und dann weiter nach Chachapoyas. Wir fahren über unbefestigte, nicht-asphaltierte Straßen, Zentimeter entlang am steilen Abhang, holperdipolter, von kargen Bergen zu grünen Bergen bis zu Nebelwald hoch oben und wieder runter, viele tausend Serpentinen später bis zu einem fast schon tropisch anmutenden Tiefland nahe des Amazonas.

Neun verschiedene Fahrzeuge später, von normalen Bussen bis zu offenen Bussen, Autos und TukTuks und einem allerdings unkomplizierten Grenzübergang, gelangen wir nach Chachapoyas, die Hauptstadt in der Region Amazonas im Norden Perus. Und ja, man merkt die Nähe zum Amazonas, es ist wärmer, obwohl wir auf 2335m Höhe sind. Um die Stadt herum gibt es braune Flüsse und tropischere Vegetation. Die Stadt selber hat zurzeit leider etwas Charme eingebüßt, denn der ansonsten tolle Hauptplatz wird gerade neu gebaut. Allerdings ist die umliegende Aussicht echt toll, die Berge sehen teilweise echt surreal aus und es soll hier Wasserfälle geben, die zu den höchsten der Welt gehören.

Cañon del Sonche
Bei ganz genauem Hinsehen ist ein mehrstufiger Wasserfall erkennbar

Auf einer Wanderung zu einem weiteren Aussichtspunkt

Hier finden wir alte Ruinen

Chachapoya waren ein prähistorisches Andenvolk (ab wann genau man von einer Chachapoya-Kultur sprechen kann, ist ungewiss, aber jüngste Schätzungen anhand den Kuelap-Ruinen gehen ab 400 nChr. aus), dessen Name ihnen von den Inka gegeben wurde und auf Quechua „Wolkenmenschen“ oder „Nebelkrieger“ bedeutet.

Hier eine gute Doku über die Chachapoya (auf Englisch): https://www.youtube.com/watch?v=GvGf0JIat0s

Und ja, nachdem wir ein paar Tage hier waren und Ausflüge unternommen haben, verstehen wir diesen Namen sehr gut. Die Chachapoya kamen vom Tiefland über den Fluss und haben langsam eine riesige Fläche besiedelt. Ihre Häuser haben sie meist hoch oben auf den oft flachen Bergen errichtet und dort auch Lebensmittel angebaut (wegen der Höhe waren die Bedingungen für zB verschiedenste Gemüsesorten wie Kartoffeln idealer), während sie ihre Toten auf besondere Weise bestattet haben: an steilen Berghängen. Für uns unvorstellbar, wie die Chachapoya damals ihre Toten dorthin gebracht haben, an so steile Hänge, die selbst für uns heute mit Seil sehr schwierig und gefährlich zu erreichen sind. Teilweise haben sie kleine Fenster und Gebäude errichtet, und teilweise auch Sarkophage, in denen Mumien steckten.

Die Karajia Sarkophage

Wir haben einige von diesen Sarkophagen auch besichtigt. 2,5m hoch sind sie, und in den gut erhaltenen waren vermutlich wichtige Leute des Volkes. Die Totenköpfe waren vielleicht die Köpfe eroberter Feinde oder von wichtigen Führern des Volkes, die über alles wachen sollten. Man vermutet, dass die Chachapoya mit allen wichtigen Materialen und den Toten hier rauf geklettert sind, um dann direkt dort oben in den Felsvorsprung die Sarkophage zu bauen. Die ockerfarbigen und rötlichen Malereien wurden aus Farbe und verschiedenen Samen und Aloe Vera angemischt und haben sich schon über 500 Jahre gehalten… Unglaublich! In der Nähe sind auch noch andere Sarkophage zu sehen, allerdings weniger ausgeprägt, weswegen vermutet wird, dass dort evtl niedere Klassen beerdigt wurden.

Eine andere Gruppe Sarkophage
Knochen am Hang unter den Sarkophagen, evtl als Opfer gedacht

So viel ist leider unbekannt und wird nur vermutet bis heute… Auch in der Nähe wurden viele Mumien gefunden und wir selbst haben auch eine riesige Tropfsteinhöhle besucht, die von den Chachapoya auch als religiöse Stätte genutzt wurde. Hier sieht man viele Stalagmiten und Stalaktiten, welche über mehrere Millionen Jahre, machmal sogar zusammengewachsen sind und dadurch große Säulen bilden.

Der Eingang zur Höhle


Auch sehr beeindruckend sind die Fundstücke von „Quipu“, einem Knotensystem, das schon von noch älteren Zivilisationen benutzt wurde, als, wie vermutet, eine Art Schrift.

Man vermutet, dass nur ca. 5% der Ruinen der Chachapoya entdeckt sind. Die beeindruckendsten Ruinen sind die von Kuelap, eine befestigte Stadt, die auf 3000m Höhe liegt und sich auf ca. 7ha erstreckt (allerdings wurden viele Ruinen, Gräber und Knochen um ein Riesengebiet um Kuelap gefunden).

Mit der Seilbahn fahren wir nach oben, die Wolken hängen tief, die Aussicht ist toll

Man schätzt, dass ca. 3000 Menschen hier in der Blütezeit gewohnt haben, die Mauern sind teilweise bis zu 20m hoch. Man vermutet, dass schon 400 nChr mit dem Bau begonnen wurde.

Die äußeren Mauern von Kuelap
Einer der drei Ausgänge. Jedem Ausgang wird eine bestimmte Funktion zugeschrieben, dieser hier war wohl der Handelsein- und Ausgang, auch erkennbar an Lama-Fußabdrücken in den Steinen. Der Haupteingang verengt sich nach oben hin, so dass nur eine Person am Ende hindurch gehen kann (wahrscheinlich als Abwehrfunktion und als Vorteil gegenüber dem Eindringling).

Gewohnt haben die Chachapoya in runden Häusern, gefunden wurden zwischen 400 und 550. Bis zu 8 Personen haben wohl in einem Haus gewohnt.

In den Hausruinen hat man Hinweise auf Feuerstellen, Mahlsteine und die Kultivierung von Meerschweinchen gefunden, ebenso wie Skelette. Die Chachapoya glaubten an die Wiedergeburt ihrer Verstorbenen und es war Brauch, diese im Haus zu bestatten und wieder darauf zu bauen.
Wasser haben die Chachapoya wohl aus einem nahen Bach geholt oder hochgetragen.
Es gibt verschiedene Ebenen, die tiefergelegten für die einfacheren Leute, und die höhere Ebene für die „wichtigeren“ Leute.
Hausruine reiht sich an Hausruine…
Auch gibt es eine Art Steinkompass zu bestaunen und verschiedenste religiöse Gebäude, ebenso wie Wachtürme.

Eine ziemlich abgefahrene Schnecke
Typische Verzierungen

In den religiösen Stätten wurden Tierknochen gefunden, was auf Tieropfer schließen lässt. Ob die Chachapoya Menschenopfer gebracht haben, ist ungeklärt.

Die Chachapoya wurden 1475 von den zur gleichen Zeit sich entwickelnden Inka niedergemetzelt, vertrieben und im Land verteilt, bis dann die Spanier kamen. Eine handvoll rechteckige Gebäuderuinen sind auch zu finden, die eindeutig von den Inka stammen. Zuerst schlossen sich die Chachapoya den Spaniern an im Kampf gegen die Inka, allerdings wurde dann der kleine Rest von den eingeschleppten Krankheiten der Spanier komplett dahingerafft 1549 und viel Wissen um diese Kultur ist verloren gegangen.